Wer am vergangenen Montag und Dienstag durch die Unterführung des Bahnhofs Groß-Karben laufen wollte, muss kurz die Luft anhalten. Etwa 15 Jugendliche knien dort auf dem Boden, die Spraydose in der Hand, und strotzen voller Inspiration und Tatendrang. Es sind die Schülerinnen und Schüler der Kunstleistungskurse der Kurt-Schumacher-Schule, die die triste Bahnhofsunterführung mit einem farbenfrohen Riesen-Graffiti schmücken. In kleinen Gruppen haben sie sich zuvor ihre Motive überlegt, gemeinsam mit dem Frankfurter Graffiti-Künstler Simon Jung wurde anschließend aus den einzelnen Ideen eine zweimal 40 Meter lange Collage entwickelt. Anfang der Woche wurde dann zur Spraydose, zur Malerrolle oder zum Pinsel gegriffen und die Idee wird zur Wirklichkeit. Die Schutzmaske ist im dichten Maler-Nebel natürlich Pflicht.
Neugierig begutachtet wird das Ganze von den beiden Kunstlehrern Jens Guthmann und Fabian Brüssow, die die Graffiti-Kunst ausdrücklich nicht benoten. „Sprayen gehört nicht zum klassischen Handwerks-Kanon im Kunstunterricht“, erklärt dazu Fabian Brüssow, entsprechend unerfahren waren die Schülerinnen und Schüler zunächst in dieser Technik. Denn auf einer riesengroßen Wand zu malen, von der man selbst nur wenige Zentimeter entfernt steht, ist eine nicht zu unterschätzende Herausforderung. Doch schon ein Workshop-Tag mit dem Profi Simon Jung hat gereicht, damit die talentierten jungen Künstlerinnen und Künstler der Schulklassen Q2 und Q4 auch mit Sprühdose und Wandfarbe herausragende Motive zaubern können.
Initiiert und finanziert wurde das Projekt von der Stadt Karben unter der Federführung von Kulturdezernentin Sabine Helwig. „Unser Wunsch war, dass die Unterführung bunt und freundlich wird. Ansonsten waren die Schülerinnen und Schüler völlig frei in ihrer Kreativität“, erklärt Sabine Helwig. Das Unterführungs-Graffiti bildet den farbenfrohen Abschluss von nun insgesamt vier Graffiti-Projekten in Karben. Zuvor wurde bereits das Pumpen-Häuschen im Gronauer-Weg in Rendel mit einem Feuerwehr-Graffiti gestaltet, ein Wal-Motiv ziert den ehemaligen Chlorgasbehälter des Schwimmbads und die Rampe zum Wohngebiet am Kalkofen in Groß-Karben wurde danke Graffiti zu einer Murmelbahn.
Da für jedes Projekt ein anderer Profi aus der Region hinzugezogen wurde, bilden die Karbener Graffitis auch die regionale Szene gut ab. Schöne und professionelle Graffitis stehen dabei nicht nur für eine der modernsten und anspruchsvollsten Formen der bildenden Kunst, sondern bieten erfahrungsgemäß den besten Schutz gegen anspruchslose Schmierereien. Seit Dienstagabend kann die farbenfrohe und facettenreiche Graffiti-Collage in der Bahnhofsunterführung Groß-Karben bewundert werden.